Tech Note
Die Tumormutationslast (tumor mutation burden, TMB) erweist sich in einer wachsenden Zahl von Studien als guter Marker für die Behandlung von Tumorpatienten. So zeigt z.B. eine aktuelle Phase-I-Studie, dass Patienten mit der Diagnose NSCLC (Non–Small-Cell Lung Cancer) und einem hohen TMB-Wert deutlich von einer Immuntherapie profitieren (Fig. 1).
Abbildung 1, Daten der CheckMate 227-Studie: Patienten wurden stratifiziert nach TMB<10 bzw TMB>=10 Mut/Mb.
Der TMB bezeichnet die Anzahl Gen-Mutationen, die im Tumor des Patienten vorliegen, sich jedoch nicht in dessen gesunden Gewebe finden. Man spricht bei diesen tumorspezifischen Mutationen auch von kodierenden somatischen Sequenz-Mutationen (Fig 2). Diese werden durch Sequenzierung eines Teils des Genoms bestimmt. Diese ermittelte Zahl wird auf die Gesamtgröße aller bekannten Gene normiert, d.h. auf die Anzahl der kodierenden Basen des Genoms. Die Angabe erfolgt in Mutationen pro Millionen Basenpaare (Mut/Mb).
Abbildung 2, Die Tumormutationslast wird auf Basis von somatischen Sequenz-Mutationen berechnet. Größere Veränderungen wie Chromosomenaberrationen, Kopienzahlveränderungen und strukturelle Veränderungen werden nicht berücksichtigt.
Die klinische Bedeutung ergibt sich daraus, dass eine höhere Anzahl von tumorspezifischen Mutationen zu einer höheren Anzahl von veränderten Proteinen und damit zu einer deutlicheren “Fremdartigkeit” des Tumorgewebes im Vergleich zum gesunden Gewebe führt. Tumorzellen wie auch andere Körperzellen zeigen stets einen Ausschnitt ihres Proteingehaltes auf der Zelloberfläche. Dieser “präsentierten” Proteinteile werden von Immunzellen regelmäßig überprüft. Je höher also der TMB, desto einfacher ist es für das Immunsystem, den Tumor zu erkennen und anzugreifen. Tumore entkommen diesem natürlichen Angriff häufig, indem sie blockierende Signale an die Immunzellen übermitteln. Sofern der Tumor das Immunsystem blockiert, kann durch eine Immuntherapie (Checkpoint-Inhibition) ein deutlicher Erfolg erzielt werden.
Abbildung 3: Präsentation von Tumorzell-abgeleiteten somatischen Peptiden. Somatische Mutationen kommen bei Tumorerkrankungen gehäuft vor und verändern dauerhaft die Erbinformation. Diese genetischen Veränderungen können zur Expression von Proteinen mit veränderter Aminosäuresequenz führen. Diese Proteine werden in der Tumorzelle durch das Proteasom zu kurzen Peptiden prozessiert und auf MHC Klasse I Moleküle geladen. Der Peptid-MHC-Klasse-I-Komplex gelangt anschließend an die Tumorzelloberfläche und wird den Effektorzellen des Immunsystems (CD8+ T-Zelle) präsentiert. Dabei können auch Peptide, die eine somatische Veränderung tragen, und dadurch im besonderen Masse immunstimulierend wirken, auf die Tumorzelloberfläche gelangen und eine effektive Immunantwort gegen Tumorzellen hervorrufen.
Zur Bestimmung des TMB wird Tumorgewebe des Patienten entnommen (z.B. im Zuge einer Biopsie), das genomische Material wird extrahiert und mittels NGS (Next-Generation-Sequencing) sequenziert. Nach einer bioinformatischen Analyse erhält man die im Tumorgewebe auftretenden Mutationen. Hierbei ist es wichtig auch gesundes Gewebe des Patienten zu sequenzieren. Dann können beide Datensätze verglichen werden um die neuen Mutationen des Tumors zu bestimmen und sie von den natürlich vorkommenden Varianten zu unterscheiden, die in allen Geweben des Patienten vorliegen. (Abbildung 4a)
Abbildung 4a, Methods for determining TMB. (A) Die Bestimmung anhand von Tumor- und Normalgewebe erlaubt eine sichere Detektion somatischer Varianten.
Es gibt Verfahren zur Bestimmung des TMB, die versuchen ohne eine Normalgewebe-Probe auszukommen. Diese basieren auf der Tatsache, dass eine Gewebeprobe des Tumors stets auch geringe Mengen gesundes Gewebe enthält. Somit wird bei der Sequenzierung des Tumorgewebes in Wirklichkeit ein Gemisch zweier Gewebe untersucht. Man versucht dann mittels statistischer Methoden die Informationen der beiden Gewebe in dem einem Datensatz zu trennen. Dies gelingt umso besser, je höher der Anteil an Normalgewebe ist, birgt jedoch ein Fehlerrisiko in der Größenordnung von 30% (Jones 2015, Yelenski 2018, bei 50% Kontamination). (Fig 3b)
Abbildung 4b, Die algorithmische Bestimmung aus nur einer Gewebeprobe ist möglich, birgt jedoch das Risiko falsch-positiver Ergebnisse.
Um die Sensitivität zu erhöhen wird nicht das gesamte Genom sequenziert, sondern man beschränkt sich auf eine Teilmenge von einigen hundert Genen, auf ein sogenanntes Gen-Panel. Der TMB wird dann aus diesem Datensatz auf alle Gene hochgerechnet. Dabei darf das untersuchte Gen-Panel nicht zu klein sein, da die Hochrechnung sonst zu ungenau wird. Eine Größe von 1,5 Mb an untersuchten Genen sollte nicht unterschritten werden (Buchhalter 2018). Das CeGaT-IO-Panel liegt mit 2,2 Mb deutlich über dieser Mindestgrenze. Damit ist eine robuste Berechnung des TMB möglich (Fig 5).
Abbildung 5, Hochrechnung des TMB aus dem CeGaT-IO-Panel (2,2Mb) auf den gesamten kodierenden Bereich (38 Mb). Die Klassifikation in niedrigen (<10 Mut/Mb) und hohen TMB-Wert (>=10 Mut/Mb) ist farblich dargestellt.
Zur Hochrechnung werden die detektierten Mutationen zunächst in sogenannte Driver- und Passenger-Mutationen unterteilt. Während Driver-Mutationen für die Entstehung und den Erhalt des Tumors notwendig sind und in bekannten Tumor-Genen auftreten, entstehen Passenger-Mutationen als Folge der genetischen Instabilität des Tumors und verteilen sich gleichmäßig über alle bekannten Gene. Das verwendete Gen-Panel untersucht bekannte und therapierelevante Tumor-Gene, so dass man davon ausgehen kann, dass Driver-Mutation in diesen Genen gehäuft auftreten. Sie dürfen also nicht auf alle Gene hochgerechnet werden, damit der TMB nicht überschätzt wird. Passenger-Mutationen hingegen treten in Tumor-Genen ebenso häufig auf wie im Rest des kodierenden Genoms und können somit der Hochrechnung zugrunde gelegt werden. Der hochgerechnete TMB ist somit die Summe aus den im Panel beobachteten Driver-Mutationen und den auf alle Gene hochgerechneten Passenger-Mutationen, normiert auf die Gesamtgröße aller bekannten Gene.
Um klinische Schlussfolgerungen aus dem ermittelten TMB zu ziehen, muss dieser Wert verlässlich sein. Dazu ist ein qualitätsgesichertes Verfahren absolut notwendig, das die Aspekte der Probenvorbereitung, der Bearbeitung im Labor sowie der bioinformatischen Auswertung umfasst. Es ist unerlässlich, dass Abläufe standardisiert und normiert ablaufen und potentiellen Fehlerquellen (z.B. Probenvertausch) wirksame Maßnahmen entgegenstehen.
Als von der DAkkS nach ISO 15189 und von der amerikanischen CAP/CLIA akkreditiertes Labor bietet die CeGaT eine qualitätsgesicherte TMB-Berechnung mit dem Ziel der klinischen Nutzung an. Dabei empfehlen wir die TMB-Berechnung auf Basis von Tumor- und Normalgewebe auf dem von uns entwickelten Gen-Panel, das eine sensitive und verlässliche Berechnung des TMB ermöglicht.
Eine qualitativ hochwertige Bestimmung des TMB stellt die Grundlage der Therapieentscheidung „Checkpoint Inhibition“ dar und sollte in der Tumorbehandlung als Teil der Routinediagnostik betrachtet werden.